Warum ich Babys heute ganz anders fotografiere...
Es gibt immer wieder Familien, welche ich damals mit ihrem ersten Baby fotografiert haben und die erneut Kontakt zu mir aufnehmen, weil sie wieder ein Baby erwarten.
Nicht selten sind sie überrascht, wenn ich ihnen erzähle, dass sich mein Stil der Neugeborenenfotografie sehr verändert hat und wie meine Bilder heute aussehen – nämlich ganz anders.
Wie mein Weg der Neugeborenenfotografie begann...
Bereits während der Schulzeit habe ich mich für das Fotografieren interessiert und mir von meinem in den Sommerferien hart erarbeiteten Geld meine erste eigene Spiegelreflexkamera gekauft. Von den technischen Gegebenheiten hatte ich bis dahin keine Ahnung und so fing ich an mich mit der Materie zu beschäftigen.
Wer mich kennt, der weiß, dass ich unglaublich gern Dinge selbst mache und total Spaß daran habe, kreativ zu sein.
In meinen Anfängen der Fotografie schlenderte ich nach der Arbeit gemütlich durch die Stadt und sah im Schaufenster total süße selbst gestrickte Mützchen. Dazu hatte ich auch direkt Lust, aber wofür sollte ich sie nutzen? Im engeren Freundeskreis war das erste Baby unterwegs und durch Zufall schoss mir die Idee durch den Kopf, doch vielleicht für den kleinen Neuankömmling ein Mützchen zu stricken und das Baby damit zu fotografieren. So wie man es überall im Internet sieht – perfekt positioniert mit vielen süßen Accessoires!
Und ab da nahm alles seinen Lauf: Ich strickte und häkelte kleine Mützchen und Decken, bastelte Haarbändchen, baute mir selbst Holzhintergründe und steckte unglaublich viel Geld in Decken, Tücher, Wraps, Kisten, Körbe und was man sich sonst noch alles anschaffen kann, wenn man Neugeborene fotografiert (andere Newbornfotografen kennen die Sucht mit Sicherheit). Dawanda, IKEA und Etsy waren zu der Zeit meine besten Freunde.
Über meinen damaligen Geschmack lass uns an dieser Stelle bitte nicht sprechen! *furchtbar*
Und so fotografierte ich 2013 mein erstes kleines, süßen Neugeborenes und hatte unglaublich viel Freude dabei.
Ich wollte immer "besser" werden
Es folgten weitere Babys und ich wollte (natürlich) immer "besser" werden.
Ich setzte mich immer intensiver mit dem Thema Neugeborenenfotografie auseinander, wälzte Bücher, schaute mir gefühlt Millionen YouTube-Videos an, kaufte und konsumierte Webinare, arbeitete mich in jeder freien Minute in Photoshop und Lightroom ein und besuchte Workshops zum Thema Neugeborenenfotografie.
Sich alle Infos zusammenzusuchen war neben einem Vollzeitjob ziemlich mühsam und kostete unglaublich viel Zeit. Meine Motivation war jedoch unendlich hoch und so biss ich mich durch diese Überangebot durch.
Es folgten immer mehr Anfragen zur Neugeborenenfotografie, auch von "fremden" Familien.
Um das ganze dann auf einen legalen Weg bringen und Rechnungen schreiben zu können, meldete ich mein Gewerbe an. Zusätzlich bot ich Familien- und Schwangerschaftsfotos an.
Ich fühlte mich immer unwohler
Je mehr Babys ich fotografierte, desto unwohler fühlte ich mich damit bzw. desto weniger konnte ich mich mit der Art identifizieren, wie ich sie fotografierte.
Dieses Gefühl wurde immer stärker, als wir selbst unser erstes Baby bekamen und natürlich auch selbst Bilder machten. Ich verdrängte das Gefühl zunächst, da der Stil mit den vielen süßen Accessoires und perfekten, niedlichen Posen einfach gefragt war (und ist).
Ein Neugeborenes in diesem Stil zu fotografieren bedeutet unglaublich viel Zeit. Ich habe mich schon damals gefragt, wie es andere Fotografen schaffen ein solches Shooting innerhalb von 2-3 Stunden umzusetzen.
Ich verbrachte häufig 5-6 Stunden bei den Familien. Hinzu kommt die Zeit, die man dafür benötigt die richtigen Accessoires auszusuchen sowie farbliche Konzepte zusammenzustellen, anschließend das Auto bis unter die Decke zu packen (die Eltern sollen ja auch genügend Auswahl haben), zu den Familien zu fahren, hinterher alles auszuladen und die vielen Decken nach dem Shooting zu waschen.
Während des Shootings verbringt man unglaublich viel Zeit damit, dass Baby in den Schlaf zu wiegen, denn schlafend lassen sich die Kleinen viel leichter "positionieren".
Die Eltern geraten nicht selten in Stress, wenn das Baby unruhig ist, immer wieder trinken oder kuscheln möchte, einfach nicht in den Schlaf findet oder am liebsten nur an der Brust schlummern möchte und die Zeit davon fliegt ohne das man bisher groß fotografiert hat.
Hat man alles hergerichtet, das Baby perfekt in die Schale positioniert, wachen die Kleinen häufig wieder auf, sobald man dessen Lage und Position verändert oder die Eltern sich von ihrem Schützling ein Stückchen wegbewegen.
Der Ablauf von Kuscheln, Schuckeln, Wiegen, Auf- und Ablaufen, Stillen oder Füttern beginnt von vorn. Und nebenbei strahlt man als Fotograf absolute Ruhe aus und versichert den Eltern immer wieder, dass man alle Zeit der Welt hat.
Ich hatte immer das Gefühl die Shootings waren Stress sowohl für das Baby als auch für die Eltern.
Für das Baby weil es einfach immer wieder aus dem Schlaf gerissen, aber dabei immer müder wurde und für die Eltern weil sie mit einer hohen Erwartungshaltung zu dem Shooting kamen und zunehmend gestresst wurden, wenn sie das Gefühl hatten, ihr Baby "ist nicht so gut drauf".
Häufig bekam ich von den Eltern nach dem Shooting Nachrichten, dass die Kleinen schon seit Stunden schlafen, da sie einfach total platt waren.
Für mich gehören die Kleinen auf den Arm der Eltern. Kuscheln und ganz viel Nähe, schlafen wann immer und wo sie möchten ohne groß gestört zu werden ist total wichtig und natürlich. Deshalb wiederstrebte es mir immer mehr die Kleinen für die Fotos in die Schalen oder Ähnliches zu legen, wenn man ganz deutlich spürte, sie suchen generell die Nähe zu Mama und Papa und kommen einfach nicht zur Ruhe (die Eltern wünschten sich natürlich möglichst viele unterschiedliche Sets und Fotos).
Auch wenn die Eltern mit dem Resultat in der Regel vollends zufrieden und glücklich über derart niedliche Bilder von ihrem süßen Wunder waren, fühlte es sich für mich nicht (mehr) richtig an.
Die Wende
Die "richtige" Wende kam dann mit der Geburt unsere Tochter als es darum ging, wie wir selbst Fotos von ihr machen wollten und wie unsere Familienbilder aussehen sollten.
Mir wurde immer wieder bewusst, wie wichtig ich die Nähe zu meinem Baby finde und wie komisch und unnatürlich es sich anfühlt, wenn ich es für ein paar Stunden in völlig fremde Hände gebe und jegliche Nähe vermeide, nur damit es am Ende für Fotos möglichst problemlos in Schalen und Körbe "drapiert" werden kann.
Unsere eigenen Neugeborenen- und Familienbilder sollten unbedingt natürlich sein – und das waren sie am Ende auch.
Von da an begann ich mein komplettes Fotografieverständnis und – konzept zu überdenken und auf den Kopf zu stellen.
Mir war klar, ich möchte Bilder von Neugeborenen ab sofort ausschließlich im ganz natürlichen Stil anbieten, war aber unsicher, ob das überhaupt gefragt sein würde.
Diese Unsicherheit bestätigte sich zum Glück nicht. Im Gegenteil ich habe eher das Gefühl, der "Trend" geht wieder sehr in Richtung Natürlichkeit, also Lifestyle-, Reportagen- oder Dokumentationsfotografie. Ich überarbeitete meine Angebote und Konzepte komplett und mein Mann und sein Kollege zauberten mir ein wunderschönes Design und eine komplett neue Website.
Mein Stil der Neugeborenenfotografie heute
Das Alles ist inzwischen einige Jahr her. Mein Stil der Neugeborenenfotografie ist insgesamt wesentlich natürlicher geworden. Ich arbeite ausschließlich mit natürlichem Licht, mag es hell, minimalistisch und schlicht.
Neugeborene fotografiere ich lediglich im eigenen Zuhause als eine Art Homestory, ohne jegliche Accessoires oder Posen in Schalen oder Körben. Und es fühlt sich für mich einfach komplett richtig an.
Lies dazu auch: Warum Babyfotos Zuhause so wertvoll sind
Jegliche Accessoires habe ich verkauft und fahre zu den Homestories lediglich mit meiner Kameratasche.
Manchmal muss man ein paar Umwege gehen...
Die Homestories sind total entspannt, lassen sich in einem für Eltern und Baby angemessenen Zeitraum umsetzen, die Kleinen sind ruhig und zufrieden und können pausenlos die Nähe zu ihren Eltern genießen. Und wenn die Kleinen entspannt sind, dann sind es die Eltern auch.
Bilder von Neugeborenen mit niedlichen Haarbändchen, einem stimmigen Farbkonzept, in einer hübschen Schale perfekt positioniert, sind – wenn sie gut gemacht sind – absolut niedlich. Auch ich empfinde das nach wie vor so. Für mich als Fotografierende (und als Mami) ist es aber nicht das Richtige und ich fühle mich mit dem natürlichen Stil einfach zu hundert Prozent wohl.
Ich bereue absolut nicht, dass ich so in die Neugeborenenfotografie gestartet bin. Denn auch durch diese Art des Fotografierens habe ich unglaublich viel gelernt. Und nur dadurch konnte ich mir so klar darüber werden, welche Richtung ich eigentlich einschlagen möchte.
Manchmal muss man eben ein paar Umwege gehen, um am Ende das zu erkennen und dort zu landen, was wirklich zu einem passt.
P.S.: Dieser Artikel soll keine Kritik an andere Neugeborenenfotografen sein, die mit ihrer Arbeit viele Familien unendlich glücklich machen. Ich möchte lediglich darstellen, wie sich meine Einstellung dazu geändert hat und ich für mich herausgefunden habe, was wirklich zu mir passt und wie ich in Zukunft fotografieren möchte.
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Hi, ich bin Julia
Ich habe mich auf die Familien- und Geburtsfotografie spezialisiert und seit 2013 für über 500 Familien das festgehalten, was eines Tages das kostbarste ist, das sie besitzen: Ihre unbändige Liebe zueinander auf Bildern für die Ewigkeit.
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